Zehn Jahre Lebensart, Genuss und Stil vom Feinsten fanden im Römerkastell begeisterte Liebhaber. „Nach zehn Jahren fühlt sich kulinart wie Familie an“, darin waren sich alle einig. Eine Großfamilie mit Kult-Charakteren, die sich kennen und mögen. „Heimelig, gemütlich. Die Messe macht einen sehr privaten Eindruck“, schwärmt Daniela Marder von der Schwarzwälder Brenner-Dynastie, „die Besucher finden es toll und unter den Ausstellern gibt es einen enormen Zusammenhalt“.
Dass bei aller Auswahl an feinen Destillaten auch der hauseigene Weltklasse-Gin sehr gut ankommt, ist unter Kennern selbstverständlich. Auch das klingende Weinglas als neue High-Tech-Performance im Hochpreis-Segment hat bei kulinart seinen Markttest mit Bravour bestanden: „Winzer kennen ihren eigenen Wein am besten. Wenn einer sagt: Der bekommt übers Glas seine Ursprünglichkeit wieder. Grade so, wie direkt nach dem Fassanstich. Das ist die größte Auszeichnung, die man bekommen kann“. Klingender Wein – was für eine Idee! Die Weltinnovation lockte zur Stuttgarter Messe für Genuss und Stil nicht nur die Medien an.
Mit Absicht und Ehrfurcht
Ein echtes Geschmacks-Highlight zur kulinart sind die mit Meersalz verfeinerten getrockneten San Marzano Tomaten direkt aus Sizilien am Stand von Sandner Früchte. Außerdem: kandierter Ingwer der Extraklasse, aufgetürmtes Original Zitronat und Orangeat, aromatisch eingelegte Artischocken aus dem Einweckglas, mit Sonnenblumenöl, frischen Kräutern und einem Hauch Knoblauch. Gertrud Sandner kratzt mit dem Fingernagel über etwas, das aussieht wie eine frisch geerntete Zitrone und zaubert den Duft von Earl Grey in die Nase – echte Bergamotte.
Bei Abanico, dem Spezialisten für kulinarische Entdeckerreisen durch die schönsten Regionen Spaniens, zelebriert Juan Jesus Martinez einen 36 Monate gereiften „Jamon Iberico de Pata Negra“ mit Ehrfurcht. Das iberische Schwarzklauen-Schwein ernährt sich in der Extremadura und in Kastilien vor allem von Steineicheln und Kräutern. Für viele kulinart-Besucher ein seltener Genuss, für den es sich lohnt, am Sonntagnachmittag auch in Dreierreihen anzustehen. Beim Stuttgarter Frischeparadies gegenüber wird derweil schon die zweite Lage „Fine de Claire-Austern“ mit edlem Sancerre von der Loire an den Stehtisch geordert. Nebenbei entsteht unter temperamentvollen Diskussionen ein Schlachtplan zur besten Tour durch die Spezialitätenbuffets.
Ana de la Rubias „hochstehende Kunst“ ist ein samtroter „Alte Mayor“. Die Komposition aus drei verschiedenen Jahrgängen der seltenen Traubensorte Bobal aus ihrer Heimat Alicante. Der Schluck vom „Cava“, dem besten Schaumwein der Welt ist eine Offenbarung. Bei Tasca im Feui sind unterdessen kleine Gläschen mit hausgemachter lachsfarbener Aioli unterwegs. Davon gibt es nur im kleinen portugiesisch-spanischen Restaurant in Stuttgart, bei kulinart und in der Markthalle. kulinart-Fans wissen das und greifen blind zu.
Auffallend jung
Auffallend zur zehnten kulinart ist, dass sich immer mehr junges Publikum durch die Marktgassen probiert. Die kompostierbare Designer-Geschirrkollektion der 8Pandas aus Stuttgart ist dabei eine der intelligenten Innovationen, die die Klientel fasziniert: leicht, stylish und nachhaltig von A bis Z, „das Prinzip kommt supergut an“. Dass die Kakaobohne an sich überhaupt nicht süß schmeckt, ist bei kulinart nicht nur für Kinder ein ganz neues, verblüffendes Geschmackserlebnis. Die selbstgerührte Zartbitterschokolade am Stand von Chocqlate erzählt auf der Zunge eine ganze Aromen-Philosophie.
Die am häufigsten gestellte Frage am Stand von Aline Johns „Tarte & Törtchen“ ist die nach der zweiten Gabel. Ganz ohne Probieren kommt hier keiner vorbei. Gleich am Eingang nicht zu übersehen: Stuggis grüner Fernsehturm auf Salami. „Was gibt`s Neues?“ - fragt ein Kunde übern Tresen. „Nichts mehr“, meint Stuttgarts Kult-Metzger lachend. Die Premieren zur kulinart 2014 waren eine feine Salami mit einer Note Wacholder, Lavendel und Weltklasse-Gin sowie eine ähnlich elitäre Bratwurst für den Grill. Zu kaufen gibt es beide allerdings erst wieder im Geschäft.
Chateau d`Arlus hat vom eigenen Weingut aus dem Französischen Gaillac neben Jahrgangs-Armagnacs von 1937 bis 2000 den ersten eigenen Champagner Rosé mitgebracht. Unter dem Dach von Karin Fröhlich`s Feinkostgeschäft präsentiert sich das gräfliche Weingut Castel Sallegg aus Kaltern mit Spitzenprodukten aus autochtonem Gewürztraminer und Vernatsch. Weinmacher Frank Haller hat neben einem ganz trockenen, süffigen 2013er Muskateller vom „Cannstatter Zuckerle“ seine Stuttgarter Identitäts-Linie auf die VW-Pritsche gepackt: den 0711er in Rot und Weiß. Ab nächstem Jahr auch in Rosé.
Experimentalisten am Werk
Eine ganze Reihe von Stammausstellern der kulinart Stuttgart sind seit fünf Jahren und mehr in der Phoenixhalle dabei. Etwa Zauberkünstler Thorsten Strotmann aus der direkten Nachbarschaft im Römerkastell. Er feierte sein Debut mit kulinart. Rainer Broch von der gleichnamigen Manufaktur in Wachendorf stellte vor fünf Jahren die eigene Hofbrennerei neu auf. Aus der Familientradition wuchs eine Schmiede für vielfach prämierte Elite-Brände, die sich nahtlos ins kulinart-Netzwerk einreiht: Die neue spannende Liaison aus erntefrischen portugiesischen Bio-Orangen aus dem Garten von Firmenchef Florian Uhl in Kombination mit den Broch`schen Brennergenen wird bei kulinart schon fürs Treppchen gehandelt - zumindest räumt Destillata-Juror Stefan Marder gute Chancen ein. Ob`s geklappt hat, erfahren die Besucher der kulinart frühling am 14. und 15. März 2015 als erste.
Florian Uhl selbst ist kulinart-Experimentalist der ersten Stunde. Heuer mit exklusiv konzentriertem Interieur. Sein Schmuckstück ist ein riesiger Holztisch aus Stuttgarter Ureiche: „Die stand mal unterhalb vom Postturm Richtung Sillenbuch links weg“. Uhls Tipp für kulinart: „Die sich auf spannende Einzelideen spezialisieren werden gewinnen. Der Standard verliert“. Auch einer der Ersten bei kulinart: Christos Psaltiras ist mit seinem reinsortigen, seltenen Olivenöl auf dem Peloponnes verwurzelt. In den Olivenhainen seiner Familie kennt er von Kindheit an jeden einzelnen Handgriff. Aus dieser alten Tradition heraus entsteht heute ein handwerkliches Premiumprodukt in limitierter Abfüllung. Ein Kindheitstraum und Ausgleich zu einer „sehr ernsten Geschichte“: Psaltiras ist in Deutschland Strafverteidiger.
Geschichten hat kulinart im zehnten Jahr in Stuttgart wieder jede Menge zu erzählen. Die genuss-ambitionierten Besucher saugen sie auf wie trocken Brot. Selbst zur Rushhour bleibt die feine Spezialitätenmesse ein Fest für alle Sinne. Was von zwei verwöhnten Tagen bleibt, ist der Nachhall echter Produkte, ein guter Schuss Zeitgeist und viel Mut zur Spitzenleistung. Zuhause in der Küche, wenn die handverlesenen Schätze wieder ausgepackt und mit Freunden und der Familie geteilt werden, geht das Genusserlebnis weiter.